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Der Weg zum transparenten Staat: Wird das Informationsfreiheitspaket 2025 die Spielregeln im Vergaberecht verändern?

  • Autorenbild: Eva-Maria Meidl
    Eva-Maria Meidl
  • 4. Mai
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 6. Mai



Gastbeitrag von Lena Haas, LL.M., Associate für öffentliches Wirtschaftsrecht bei Buchberger Ettmayer Rechtsanwälte GmbH (KPMG Law)


Die Amtsverschwiegenheit, tief verwurzelt in der staatlichen Verwaltung, trägt maßgeblich zu Österreichs schwacher Position im internationalen Transparenzranking bei. Mit dem neuen Informationsfreiheitspaket 2025 steht eine bedeutende Transparenz-Reform bevor: Die Abschaffung der Amtsverschwiegenheit innerhalb der staatlichen Verwaltung. Diese Gesetzesänderung verspricht eine neue Ära der Informationsfreiheit, geprägt durch proaktive Veröffentlichung von Informationen sowie ein Grundrecht auf Zugang zu staatlichen Informationen. Das Informationsfreiheitspaket wird aber auch innerhalb der Privatwirtschaftsverwaltung des Staates also im Vergabewesen neue Maßstäbe setzen. Obwohl das Vergabeverfahren bereits jetzt schon recht transparent ist, da öffentliche Auftraggeber*innen Ausschreibungsunterlagen kostenlos und vollständig bereitstellen müssen, wird die Veröffentlichung von Informationen weiter gestärkt. Aber warum spielt das Vergaberecht eine so zentrale Rolle auf dem Weg zum transparenten Staat? Sobald staatliche Akteure wie Bund, Länder, Gemeinden oder deren mehrheitlich im Eigentum stehende Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beschafffen wollen zB. einen Kindergarten bauen, müssen sie dies unter Einhaltung der vergaberechtlichen Grundsätze des

Bundesvergabegesetzes („BVergG“) tun. Die Vergabe öffentlicher Aufträge trägt erheblich zum

Bruttoinlandsprodukt („BIP“) Österreichs bei, einem wesentlichen wirtschaftlichen Indikator, der die wirtschaftliche Leistung der Republik Österreich misst. Die effiziente und transparente Verwendung öffentlicher Gelder ist im Interesse der gesamten österreichischen Bevölkerung. Wenn die Öffentlichkeit daher nachvollziehen kann, wie der staatliche Akteur Leistungen beschafft, trägt dies entscheidend zur Verhinderzung von Korruption

und Intransparenz bei.


Das Ende der Amtsverschwiegenheit: Der rechtliche Paradigmenwechsel

Am 1. September 2025 wird Österreich eine bedeutende Veränderung in seiner Verwaltungskultur erleben, wenn die neue Verfassungsbestimmung Artikel 22a Bundes-Verfassungsgesetz („B-VG“) und das begleitende Informationsfreiheitsgesetz („IFG“) in Kraft treten. Diese Reform hebt die bisher verfassungsrechtlich verankerte Amtsverschwiegenheit (Artikel 20 Absatz 3 B-VG) auf und führt eine proaktive Informationspflicht sowie ein

Grundrecht auf Informationszugang ein. Mit dem sogenannten „Jedermannsrecht“ beginnt in Österreich ein neues Zeitalter der Transparenz: Bund, Länder, Gemeinden und andere hoheitlich tätige Auftraggeber sind künftig verpflichtet, Informationen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse proaktiv in einem Informationsregister zu veröffentlichen, sofern keine Geheimhaltungsgründe vorliegen. Nicht-hoheitlich tätige Einrichtungen, wie Stiftungen, Fonds, Anstalten und Unternehmen unter der Kontrolle des Rechnungshofs, müssen zwar nicht proaktiv veröffentlichen, aber auf Anfrage Informationen bereitstellen. Als Informationen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gelten im Sinne des IFG Gutachten, Stellungnahmen und Verträge über EUR 100.000. Eine Ausnahme von der proaktiven Veröffentlichungspflicht besteht jedoch für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohnern. Diese können die betreffenden Informationen freiwillig veröffentlichen. Die proaktive Veröffentlichungspflicht berührt auch das Datenschutzrecht, wodurch eine Balance zwischen Informationsfreiheit

und Datenschutz in der Praxis gefunden werden muss. Da sowohl das Recht auf Information als auch der Schutz personenbezogener Daten Verfassungsrang haben, wird es keinen absoluten Vorrang untereinander geben. Vielmehr muss jede Entscheidung individuell getroffen werden, um beiden Rechten zu entsprechen.


Rechtsschutz ohne Sanktionen? Die Hürden bei der Durchsetzung der Informationsfreiheit

Der Rechtsschutz im Rahmen des IFG baut auf den bewährten Instrumenten des Verwaltungsrechts auf und ermöglicht Beschwerden beim Verwaltungsgericht gegen Bescheide, die den Zugang zu Informationen verweigern. Der innergemeindliche Instanzenzug wird im IFG nicht ausgeschlossen. Eine spannende Frage für die Praxis ist, welche Konsequenzen informationspflichtigen Stellen drohen, wenn sie eine Anfrage oder in weiterer Folge eine Entscheidung eines Verwaltungsgerichts zur Informationsweitergabe ignorieren. Im Gegensatz zum Kartellrecht, das bei Verstößen mit hohen Geldbußen droht, sieht das IFG keine finanziellen Sanktionen für Verstöße gegen eine Pflicht zur Informationsweitergabe vor. Stattdessen setzt das IFG ausschließlich auf die Verpflichtung der informationspflichtigen Stellen, gemäß §28 Absatz 5 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes unverzüglich den Rechtszustand herzustellen, der der Rechtsauffassung der Verwaltungsgerichte entspricht. Wie diese Verpflichtung in der Praxis umgesetzt wird, wird die Rechtsprechung zeigen.


Vergaberechtliche Veröffentlichungspflicht und die neue Informationsfreiheit –

Die neue Transparenzoffensive im Vergaberecht

Seit dem 1. September 2023 gilt im Vergaberecht eine verfassungsrechtlich festgelegte zusätzliche Veröffentlichungspflicht, die in Artikel 20 Absatz 5 B-VG verankert ist. Diese Pflicht betrifft öffentliche Auftraggeber wie Bund, Länder, Gemeinden oder sonstige öffentliche Einrichtungen und verlangt die Veröffentlichung von Studien, Gutachten und Umfragen, die in Auftrag gegeben wurden, sofern deren Geheimhaltung nicht erforderlich ist. Solche Dokumente müssen samt ihren Kosten öffentlich zugänglich gemacht werden, es sei denn, sie enthalten schützenswerte Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Interessanterweise wird der Preis, den ein Auftraggeber zahlt, laut Rechtsprechung nicht automatisch als Geschäftsgeheimnis betrachtet. Die Geheimhaltung kann gemäß Artikel 20 Absatz 3 B-VG – Stichwort Amtsverschwiegenheit – dann greifen, wenn eine Vorab-Veröffentlichung den Ablauf und Abschluss des Vergabeverfahrens stören würde. Dies betrifft zB. Informationen wie die Schätzung des Auftragswertes durch Sachverständige. Solche Geheimhaltungsgründe sind jedoch meist temporär und entfallen nach Abschluss des Verfahrens. Die vergaberechtlichen Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs sowie der Wirtschaftlichkeit müssen hingegen durchgehend gewahrt bleiben. Bei der Abwägung, ob ein Geheimhaltungsinteresse besteht, ist stets der Schutz des geistigen Eigentums zu berücksichtigen. Die vergaberechtliche Veröffentlichungspflicht stellt keine Ausnahme vom Urheberrechtsschutz dar und unterstreicht auch im Vergaberecht die Balance zwischen Transparenz und dem Schutz sensibler Informationen. Mit 1. September 2025 werden öffentliche Auftraggeber*innen regelmäßig auch dem Anwendungsbereich des IFG unterliegen und dessen Bestimmungen berücksichtigen müssen. Während bestimmte Daten wie zB. Ausschreibungsunterlagen, Fragenbeantwortungen, Informationen zu vergebenen Aufträgen bereits als „Open Government Data“ verfügbar sind und nicht dem IFG unterliegen, greift das Gesetz für alle anderen Informationen, die im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren anfallen. Ein besonders spannender Aspekt des IFG ist, dass auch jene Verträge umfasst sind, die im Rahmen eines Vergabeverfahrens geschlossen werden. Auftraggeber, die der proaktiven Informationspflicht unterliegen, müssen zukünftig Verträge mit einem Wert von mindestens EUR 100.000 veröffentlichen. Mit dieser Regelung geht das IFG über die im Vergaberecht bereits bestehende Veröffentlichungspflicht, insbesondere mit der Bekanntgabe vergebener Aufträge, hinaus. Auch Auftraggeber, die nicht der proaktiven Informationspflicht unterliegen, werden diese Informationen auf Anfrage zur Verfügung zu

stellen haben.


Fazit: Koexistenz von Informationsfreiheit und der vergaberechtlichen Veröffentlichungspflicht

Die Implementierung des Informationsfreiheitspakets am 1. September 2025 sowie die damit einhergehende Aufhebung der Amtsverschwiegenheit markieren einen signifikanten Wendepunkt in der österreichischen Verwaltungskultur: Die Amtsverschwiegenheit soll vom Standard- zum Ausnahmefall werden. Informationspflichtige Stellen müssen ab 1. September 2025 nicht nur proaktiv Informationen in einem Register jedermann zugänglich machen, sondern auch auf Antrag Zugang zu Informationen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewähren. Grundsätzlich wird der im Vergaberecht verankerte zentrale Transparenzgrundsatz durch die proaktive Veröffentlichungspflicht des IFG unberührt bleiben. Mit anderen Worten: Die Verpflichtungen zur Veröffentlichung von Informationen, die bereits gemäß BVergG bestehen, bleiben weiterhin gültig und müssen uneingeschränkt eingehalten werden, unabhängig von den zusätzlichen proaktiven Veröffentlichungspflichten, die das IFG einführen wird. Die neuen Bestimmungen haben aber auch für das Vergabeverfahren wesentliche Auswirkungen und bringen noch mehr Transparenz, denn das IFG sieht eine Informationsverpflichtung auch hinsichtlich des in einem Vergabeverfahren geschlossenen Vertrages selbst vor, sodass öffentliche Auftraggeber*innen daher künftig diese zusätzlichen Transparenzverpflichtungen berücksichtigen werden müssen. Spannend wird in diesem Zusammenhang allerdings die Frage bleiben, inwieweit eine Veröffentlichung unter Berufung auf Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse unterbleiben kann.

 
 
 

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